Diagnose Ärzteschwund

Politiker suchen fieberhaft nach Lösungen

 

Arzt auf dem Land – dieser Beruf scheint für viele angehende Mediziner wenig erstrebenswert. Sie strömen in die Ballungszentren oder gleich ins Ausland, nach Norwegen, England oder in die Schweiz. Menschen in ländlichen Regionen werden das wohl schon bald zu spüren bekommen.

Aar/Einrich. Noch ein paar Jahre – und die Menschen im Einrich müssen wohl lange Wege auf sich nehmen, um zum nächsten Arzt zu kommen, denn: vier von fünf Ärzten stehen vor der Verrentung, haben die 60-Jahre-Marke bereits überschritten (wir berichteten mehrfach). Die Politik macht sich Sorgen, und so trafen sich die Bürgermeister der Verbandsgemeinde Katzenelnbogen, Harald Gemmer, und der Verbandsgemeinde Hahnstätten, Volker Satony, mit der Ressortleiterin Stephanie Finzsch und der Referentin für Niederlassungsberatung, Melitta Fechner, von der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz Regionalzentrum (KV RLP).

In dem Gespräch, an dem auch der Arzt Dr. Claus-Harry Becker und AOK-Direktor a. D. Günter Ackermann teilgenommen haben, ging es um die Sorge, dass zahlreiche Ärzte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen und jetzt vorbereitend gehandelt werden müsse. Melitta Fechner und Stephanie Finzsch wiesen auf die Nachfolgeberatung hin, die die Kassenärztliche Vereinigung den niedergelassenen Ärzten anbietet. Damit soll rechtzeitig Vorsorge getroffen werden, um den Ärzten Nachfolgeregelungen vor dem Hintergrund der gesundheitlichen und der betriebswirtschaftlichen Seite zu ermöglichen.

 

Nachwuchs fördern

 

Die beiden Vertreterinnen der KV RLP zeigten auch die Möglichkeiten der Nachwuchsförderung im Bereich der Weiterbildungsassistenten auf. Hier wurden die finanziellen Bedingungen deutlich verbessert.

Der Versorgungsgrad mit Ärzten im Rhein-Lahn-Kreis liegt zurzeit bei 110,8 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Versorgungsgrad auf den ganzen Kreis bezogen angesetzt wird – und nicht auf einzelne Regionen. Das bedeutet: Gesehen wird als kleinste Einheit der Rhein-Lahn-Kreis. Stimmt dort die Kopfzahl an allgemeinen Ärzten, ist für die Kassenärztliche Vereinigung zunächst einmal alles geritzt, auch wenn vielleicht die meisten Ärzte sich in den größeren Randlagen wie Lahnstein oder Diez tummeln, das weite Hinterland jedoch kaum mehr besetzt ist.

 

Zweigpraxis als Lösung

 

Von daher sagt der Versorgungsgrad allein betrachtet sehr wenig aus und muss im Zusammenhang gesehen werden. Deshalb baten die beiden Verbandsgemeindebürgermeister Harald Gemmer und Volker Satony um Hilfe aus Mainz. Diese wurde zugesagt. Nun soll sich mit den zuständigen Institutionen wegen der auf der Bundesebene getroffenen Regelung in Verbindung gesetzt werden. Weitere Aspekte des Gespräches waren Lösungsansätze wie die Schaffung medizinischer Versorgungszentren oder die Zweigpraxis, die sich in anderen Regionen des Landes bereits bewährt hat.

Auch die Vergabe von Ab- und Zuschlägen im Verhältnis zwischen Stadtpraxis und Ärztestandort im ländlichen Raum wurde als Lösungsweg diskutiert. Die Verbandsgemeindebürgermeister Harald Gemmer und Volker Satony bekräftigten noch einmal ihre Unterstützung im Zusammenhang mit der Schaffung von kommunalen Standortbedingungen und werden weiter gemeinsam den Dialog mit den zuständigen Institutionen zur zukunftsorientierten Lösung der Versorgung im ländlichen Raum suchen. Wie kommunale Unterstützung aussehen könnte, beweisen die ostdeutschen Bundesländer, die schon länger einen personellen Aderlass zu verkraften haben. Dort gibt es Gemeinden, die beispielsweise Ärzten mietfrei Praxisräume auf dem Land zur Verfügung stellen.

 

Rh.-Lahn-Ztg. Diez vom Mittwoch, 4. August 2010, Seite 18

 

Müssen die Menschen im Einrich bald lange Wege für medizinische Behandlungen in Kauf nehmen, da es immer mehr Ärzte in Ballungszentren oder ins Ausland zieht? Politiker suchen fieberhaft nach Lösungen, um der medizinischen Landflucht entgegenzuwirken. M Foto: dpa

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Veröffentlichung

Burgschwalbach
Mi, 04. August 2010

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