Kirche Burgschwalbach

Vorschaubild Kirche Burgschwalbach
Vorschaubild Kirche Burgschwalbach

Aus der Geschichte der Kirche
Ein Kleinod in der Mitte des Dorfes ist die evangelische Kirche. Als typischer Wehrbau aus dem frühen Mittelalter dürfte die Kirche wohl tausend Jahre alt sein. Als kleine ehemalige Wehrkirche hatte sie keinen Glockenturm. Bei der Errichtung der Stadtmauer etwa um 1380 befanden sich die Glocken auf dem Torturm des westlichen Stadttores, das in unmittelbarer Nähe der Kapelle war. Erst im 16. Jahrhundert wurde der Glockenturm angebaut, und zwar war er nur von außen zugänglich. Erst später wurde ein kleiner Durchbruch in der Höhe der Männerempore gebrochen, durch den der Glöckner in die Kirche einsteigen konnte. Der Torturm der Stadtmauer soll erst um 1824 wegen Einsturzgefahr abgetragen worden sein, ebenfalls verschwand auch die gesamte Stadtmauer.

 

Im Glockenturm befindet sich noch heute das Schlagwerk einer Uhr, das allerdings seit Ende der vierziger Jahre nicht mehr in Betrieb ist und einer Reparatur bedarf. Einen ungewöhnlichen Eindruck bietet das Kirchenschiff. Die herrlichen Stukkaturen an der Decke, die schweren Holzbalken, die die Männerempore tragen, einschließlich der geschnitzten Kanzel, die wunderbaren Kopfstücke der Bänke ebenfalls mit Schnitzereien, die zu den Stuckarbeiten passen (Lutherrose), sind für den Altertumsfreund zum Besuche des Gotteshauses zu empfehlen. Beim ersten Blick auf das Kirchenschiff hat man den Eindruck, daß hier alles windschief ist und zusammenzustürzen droht, zumal die in die Wand gelehnten Balken schräg stehen. Aber offenbar ist hier dem Namen "Schiff" alle Ehre gemacht worden, und die Balken sollen wahrscheinlich die Holzplanken des gewölbten Schiffsrumpfes symbolisieren. Im Innern, sowie an der Außenwand des Gotteshauses sind Grabsteine mit lateinischen Inschriften aus alter Zeit. Das Fischgrätmuster, in dem die Kirche vor 1000 Jahren gebaut wurde, ist heute noch an einer Stelle durch Freilassung des Verputzes zu sehen.

 

Als im Jahre 1536 das Amt Burgschwalbach an die Grafen von Nassau-Weilburg kam, wurde auch hier (also schon zu Luthers Zeiten) die Reformation eingeführt. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wohnten auf der Burg hessische Fräulein von Adel, katholischer Konfession, welche zu arm waren, sich für die Schloßkapelle einen eigenen Pfarrer oder Frühmesser zu halten. Sie baten den Ortspastor, ihnen in der Schloßkapelle "Gottesdienst" zu halten und wirkten ihm dafür zur Besoldung aus der Hohensteiner "Kellerei" 10 5/8 Mainzer Malter Korn und 18 Malter Hafer aus. Um das Jahr 1600 brannte das Pfarrhaus unter dem Pfarrer Plebanus nieder. Dessen Vater war Schloßamtmann auf der Burg, ein Sohn von ihm war Pfarrer in Miehlen.

 

Der Altarraum der bekannt ist durch seine Aufzeichnungen über die Schrecknisse des 30jährigen Krieges. Im Jahr 1684 wurde das Pfarrhaus wieder aufgebaut unter Pfarrer Johannes Heymann. Ein Wiederinstandsetzen der Kirche nach den Wirren des 30jährigen Krieges bezeugen Baurechnungen über Material und ausgeführte Arbeiten aus den Jahren 1677/78. Zwischen Kirchenschiff und Chor kündet in einem kleinen Durchgang zur Kanzel noch folgende Inschrift:

 

RENOVATUM TEMPORE MAGISTERY JOHANNES HEYMANN AETRATIS 59 A.D. 1678 (wurde renoviert in der Zeit Pfarrers Johannes Heymann in seinem 59. Lebensjahr des Jahres 1678)

 

von Pfarrer Heymann (1661-1688). Dieser hat sich in der ldsteiner Hexenjagd von 1676 einen unrühmlichen Namen als "Hexenpfarrer" gemacht. Einige Burgschwalbacher Einwohner, darunter seine eigene Tante, hat er der Zauberei beschuldigt und auf den Scheiterhaufen gebracht, wie die Prozeßakten im Staatsarchiv Wiesbaden nachweisen. Der Friedhof der Gemeinde lag ganz früher um das Gotteshaus. Der spätere Friedhof lag im Oberdorf an dem Weg nach der Burg. Er ist wegen seiner ungünstigen Lage und vor allem wegen des überaus hohen Grundwasserstandes aufgegeben worden. Der heutige Gottesacker liegt an der Westseite des Dorfes, unterhalb des Eberts. In seiner Mitte erhebt sich das Ehrenmal für die Gefallenen des Dorfes aus den Weltkriegen 1914-1918 und 1939-1945.

 

Bei der letzten Renovierung 1966/67 sind deutliche Beweisstücke aus der katholischen Zeit der Kirche freigelegt worden. So befinden sich im Altarraum die Sakraments-Nische und die Lavabo-Nische und im oberen Raum des Kirchenschiffes die Nische für das Muttergottesstandbild. Das Wertvollste im Chor dürften die aus der Spätbarockzeit stammenden Wandmalereien sein, die jedoch um 1700 übermalt wurden durch gotische Zeichnungen, wie z.B. den Lebensbaum, das Sonnenrad und andere noch nicht definierte Zeichen. An dem großen steinernen Bogen, dem Triumphbogen, hat man ebenfalls um 1700 Blumen und Muschelornamente gemalt. Es wäre wünschenswert, wenn bei genügenden Geldmitteln die ursprünglichen Gemälde, wie die Grablegung des Heilandes, die Auferstehung, das Jüngste Gericht usw. wieder in ihrer Schönheit den Altarraum verschönern würden. Alle diese alten Funde sind erst entdeckt worden, als man die im Altarraum befindliche Empore für den Organisten wegen Baufälligkeit ganz entfernen mußte.

 

Diese Empore trug bis zu Beginn dieses Jahrhundert eine Barockorgel. Wegen aufgetretener Mängel wurde sie verkauft und durch ein Harmonium mit Fußpedal ersetzt. Der wertvollste Fund bei der Renovierung ist unstreitig eine im Chor freigelegte noch sehr gut erhaltene Grabplatte aus dem Jahre 1557 mit der teils deutsch teils lateinisch gehaltenen Inschrift und den vier Wappen ehemaliger Burgschwalbacher Adelsfamilien, die mit dem Grafengeschlecht auf der Burg in besonderer Verbindung standen. Den krönenden Abschluß fanden die Renovierungsarbeiten mit dem Einbau von Buntglasfenstern im Altarraum mit der Darstellung der Auferstehung und dem Einbau einer neuen größeren Orgel.

 

Inge Huth

 

Quellenangaben:
Bericht wurde dem Heimatbuch zur 1200 Jahrfeier (01. – 04. Juni 1990) entnommen.
Herausgeber: Festausschuß 1200 – Jahrfeier im Auftrag der Gemeindeverwaltung Burgschwalbach.


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